Als sich Anfang April in Niedersachsen die Baumärkte wieder öffneten und die Autowaschanlagen schlossen, wurde es deutlich: Jetzt war die Stunde der Exekutive gekommen. Zwecklos, zu fragen, ob es den Autowaschanlagen an Systemrelevanz gebrach oder der Generalverdacht der sprühenden Infektionsschleudern obsiegt hatte.
Inzwischen ist der Betrieb automatisierter Autowaschanlagen wieder gestattet – Hamburg hatte sich wie Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Rheinland-Pfalz der Schließung ohnehin nicht angeschlossen. In Landkreis Stade ist aber das Betreten der Elbdeiche einschließlich der Deichverteidigungswege zu „tagestouristischen Ausflügen“ verboten. Diese Maßnahme wird bis zum 4. Mai 2020 aufrechterhalten. Womöglich könnten sich dort Menschen begegnen! Dann muss man halt auf den unbeschränkt zugänglichen Lühe- oder Estedeich ausweichen, obwohl es dort etwas enger zugeht.
Aber nach der aktuellen Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen ist entsprechend § 3 „die körperliche und sportliche Betätigung im Freien“ explizit weiterhin zulässig. Und in Mecklenburg-Vorpommern sind die Sportplätze für den Individualsport bereits wieder geöffnet, der Golfsport hat freie Bahn.
Die Bemühungen um die Eindämmung der touristischen Attraktivität machte in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auch vor der Verfolgung landesfremder Autokennzeichen und dem Verbot des Aufsuchens des eigenen eingetragenen zweiten Wohnsitzes nicht halt. Ein Klima der Denunziation ist die Folge. Insgesamt geht es um Zweifel an der Verhältnismäßigkeit staatlicher Eingriffe in Bezug auf die Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und anderer Grundrechte, die nicht ausreichend abgewogen und begründet sind.
Entschlossene Handlungskompetenz wurde auch in der Causa „Inbetriebnahme der Sportboothäfen“ demonstriert. Dabei steht das Kranen und Slippen etwa auf dem epidemiologischen Gefährdungsniveau von Autowaschanlagen, Deichspaziergängen oder des Besuchs botanischer Gärten.
Die Lage in Mecklenburg-Vorpommern hellt sich seit 22.04.2020 mit der „Ersten Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-Schutz-VO MV“ auf:
(5) Der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen und Sportboothäfen ist untersagt.
Dies gilt nicht für den Individualsport und den Sport zu zweit auf Sportplätzen und Sportaußenanlagen. Der Zutritt zu Sportboothäfen ist lediglich dem verantwortlichen Betreiber und Eigentümer sowie den Eigentümern von Wasserfahrzeugen unter Beachtung von § 1 Absatz 1 und 2 gestattet. Erlaubt ist, eigene Wasserfahrzeuge ins Wasser zu verbringen, zu warten, zu sichern, sich auf ihnen aufzuhalten oder zu übernachten, auf Gewässer zu fahren und vom Wasserfahrzeug aus zu angeln und ähnliche Betätigungen auszuführen. Nicht gestattet sind die Vermietung von Wasserfahrzeugen, Regattafahrten und gemeinschaftliche Feierlichkeiten in Sportboothäfen.
Nach Recherche des schon erwähnten Landkreises Stade setzt sich seit 25.04.2020 nun auch in Niedersachsen eine atemberaubende Neubewertung durch das Niedersächsische Sozialministerium durch. Neuerdings sind „Bootsanleger von Vereinen oder Yachthäfen nicht mehr als Sportanlagen, Sportstätten oder Vereinsbereich anzusehen“. Ach was?
Das Niedersächsische Sozialministerium sieht Wassersportanlagen nicht als Bereiche an, deren Betreten nach der Landesverordnung wegen des dort ausübten Sportbetriebs untersagt ist. Dies wurde heute auf Nachfrage der Kreisverwaltung in Hannover mitgeteilt
Demnach sind Bootsanleger von Vereinen oder Yachthäfen nicht mehr als Sportanlagen, Sportstätten oder Vereinsbereich anzusehen. Damit ist der Sportbootverkehr jeglicher Art zulässig. Zu beachten sind dabei aber die allgemeinen Hygieneregeln, wie sie auch für die Nutzung von Kraftfahrzeugen gelten. Es ist entweder ein Mindestabstand von 1,5 m einzuhalten oder es dürfen lediglich Angehörige oder Haushaltszugehörige auf dem Boot sein.
Der Bereich, in dem die Boote gelagert, geparkt oder gepflegt werden, stellt demnach ebenfalls keine Sportstätte oder -anlage dar. Wenn jemand sein Boot aufsucht und es reparieren oder pflegen möchte, fällt dies nicht unter „Zusammenkünfte in Vereins-, Sport- und Freizeiteinrichtungen“, solange insoweit keine Gruppenbildung erfolgt. Nach der neuesten Einschätzung des Ministeriums wäre auch das zu Wasser lassen bzw. Slippen von Booten möglich, wenn dies nicht in Gruppen, d.h. mit maximal 2 Personen erfolgt.